#45 So übst du Vibrato richtig!

Letzte Woche habe ich euch ja schon gesagt, dass viele Sänger:innen mit dem „Problem“ kämpfen, dass sie unbedingt mit Vibrato singen wollen, aber „einfach keines kommt“. Und eine gute Nachricht hatte ich auch im Gepäck: Man kann Vibrato erlernen. Es ist ein Stimmeffekt, wie viele andere auch. Was Hammer-Vibrato ist, das haben wir letzte Woche geklärt, und heute schauen wir uns an, wie man sich den anderen, öfter gehörten Vibratos annähern kann. Und nicht vergessen: Das hier sind nur Vorschläge, die sich meiner Erfahrung nach bewährt haben. Sollte dir eine Übung nicht zusagen, oder sie sich nicht gut anfühlen oder sie sich dir einfach nicht erschließen – nicht ärgern, sondern einfach sein lassen vorerst 🙂

Bei der E-Gitarre ist Vibrato ganz einfach… Einfach den Hebel bedienen und damit die Seiten dehnen und damit ihre Tonhöhe verändern. Beim Singen ist das nicht ganz so offensichtlich, das Prinzip ist teils dasselbe. (c) Pixabay / Surprise

Kehlkopfvibrato / Pulsvibrato

Die irgendwie offensichtlichste und doch auch irgendwie absurdeste Art, sich langsam Vibrato anzunähern, ist das Üben von kleinen Tonintervallen. Offensichtlich, weil Vibrato eben die rasche Tonhöhenänderung ist, absurd, weil es sehr weit weg vom „Endprodukt scheint“ und sich ein wenig „gezwungen“ vielleicht anfühlen mag. Aber ohne Übung, ohne Muskelgedächtnis ist es eben kaum möglich. Jede:r Sänger:in mixt sich sein*ihr Vibrato wohl selbst zusammen (oft unbewusst). Die rasche Bewegung des Kehlkopfs selbst bzw. der schnelle Wechsel der Tonhöhe (Frequenz) ist eben oft Teil des Rezepts. Also: Los geht’s.

  • Suche dir einen bequemen Startton und einen für dich angenehmen Vokal
  • Singe ein Halbton-Intervall, zum Beispiel e-f
  • Stelle dir ein Metronom (Handy-App 😉 als Übungshilfe ein. Singe das Intervall immer schneller. Erst als Viertel, dann als Achteln, dann als Achtel-Triolen (wenn dich das rhythmisch nicht zu sehr fordert), dann als Sechzehnteln.
  • Wie immer beim Üben: Nicht zu schnell zu schnell werden… Also lieber sicher und sauber, als schnell und unkontrolliert.

Beherrschst du diesen Halbtonschritt schon recht gut in recht flottem Tempo? Super, dann machen wir’s ein bisschen schwieriger…

  • Singe keinen Halbtonschritt mehr, sondern einen Viertelton. Das klingt jetzt etwas gar herausfordernd… nennen wir’s einen „dreckigen“ Halbtonschritt… Also nicht ganz das Intervall, bisschen „schlecht Intoniert“. Wichtig dabei: Der untere (oder obere) Ton muss konstant sein und nicht nach unten/oben wandern.
  • Lass das Metronom beiseite und versuche konstant immer schneller zu werden im Tonwechsel (Accelerando) – und eventuell wieder langsamer werden. Sodass du diesen Tonwechsel gut kontrollieren kannst.

Generell gilt: Spürst du Verspannungen oder kratzt es im Hals – lass die Übung sein. Ist der Ton sicher und sauber, bevor du mit der Vibrato-Übung beginnst?

Ja, Vibrato besteht manchmal tatsächlich aus einem „simplen“, andauernden Frequenzwechsel. Aber nicht nur. Und nicht immer. Es gibt auch das sogenannte „Pulse Vibrato“ oder „pulsierendes Vibrato“. Dabei bewegt sich der Kehlkopf nicht (nur) auf und ab, es gibt auch Elemente im Vokaltrakt, die mitschwingen. Etwa die Rachenwand, oder die Zungenwurzel. Meistens ist es ein Zusammenspiel von mehreren Dingen und jede*r Sänger*in hat sein*ihr eigenes – oft unbewusstes – Rezept, ein Mix aus mehreren Dingen.

Wichtig hierbei: konstanter Support. Wer eine „Pump-Bewegung“ im Bauch spürt, also die Luft in Stößen durch die Stimmbänder schickt, der ist auf der falschen Vibrato-Spur. Kann sein, dass die Luftstromkontrolle schon auch eine Rolle spielt, aber ein wirklich aktives „Hechelgefühl“ oder immer verspanntere Bauchmuskeln sind nicht unbedingt eine Hilfe. Der Luftstrom muss konstant bleiben (außer beim Hammervibrato). Eine gute Spur zum Puls-Vibrato kann die Vorstellung sein, dass man ein wenig friert, also bibbert. Stell dir vor, dir ist kalt und du singst währenddessen einen Ton. Oder manchen hilft auch der Gedanke, wirklich an die vibrierende Rachenwand beim Singen zu denken. Für viele eher schwer ansteuerbar.

Ein Kennzeichen des Puls-Vibratos ist es jedenfalls, dass nur EIN Ton zu hören ist. Also kein Tonhöhenwechsel, wie beim Kehlkopfvibrato. Aber wie gesagt, es ist alles eine Skala, ein „von bis“, jeder mixt ein bisschen sein Rezept zusammen.

Für den Beginn: Kleine Intervalle schnell singen lernen, siehe Übung oben. Irgendwann dann „Loslassen“ von einem der beiden Töne, Fokus zum Beispiel auf den unteren der beiden, die Kehlkopfbewegung aber gefühlt beibehalten. Und irgendwann, wenn du fleißig übst, kannst du vielleicht das Vibrato in eine Phrase in einen Song übertragen. Und irgendwann beherrschst du vielleicht alle Vibrato-Arten und kannst auf einem Ton flüssig von einem ins andere wechseln. Aber bis dahin feiern wir die kleinen Fortschritte! Jeden Tag fünf Minuten üben – das wär doch was! Und nächste Woche dann noch ein kleiner Tipp für Vibrato und so ganz vieles… Cry, Baby! #happyvocalfriday

Die nächsten Termine mit der Acapella-Gruppe „Safer Six“
Programm „Sound of Cinema“

Freitag, 3. Juni: Kulisse, Wien
Freitag, 1. Juli: Schloss Gloggnitz
Samstag, 27. August: Kulturhof Mödling
Freitag, 2. September: Schloss Katzelsdorf

Alle Infos dazu auf unserer Homepage!

Letzte Chance: Musical „Godspell“ in Wiener Neustadt: Sa, 28. Mai, 19.30 Uhr

Tolle Musik von Stephen Schwartz, tolle Sänger:innen, tolle Choreografien. Eine humorvoller und interessanter Musicalabend. Ja, mit Bibelkontext. Aber Empfehlung auch für alle Nicht-so-close-mit-Jesus-Menschen, das könntet ihr euch ruhig trotzdem geben… auch wenn ich nicht selbst auf der Bühne stehe. Letzte Chance am Samstag, 28. Mai. Schaut vorbei! Und lasst euch das nicht entgehen!

Infos und Tickets: www.theaterimneukloster.at

Veröffentlicht von Klemens Patek | vocalfriday

Vocal Coach | Sänger - Frage drei Gesangslehrer und du bekommst vier Antworten. Hier bekommst du die fünfte ;) Bei mir geht's ums Singen, um Gesangstechnik, um CVT (Complete Vocal Technique) und Themen wie Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Künstlersein. Bin gespannt, wohin mich die Reise führt. Das wichtigste für mich: Respekt und freundschaftlicher Austausch. Bashing anderer Künstler oder Coaches liegt mir fern. Mein Motto: Richtig ist, was dem/der Sänger*in gut tut und konkret weiterhift!

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